Käfer auf dem Speiseplan

In einschlägigen TV-Reality-Formaten gehören sie zu den beliebtesten Ekelerregern: die Essensprüfungen, bei denen immer wieder auch Insekten auf dem Speiseplan stehen.
Entsprechend groß war die Aufregung, als Anfang dieses Jahres die Meldung durch die Medien ging, dass Hausgrillen in der EU in Lebensmitteln verwendet werden dürfen.

Seit Jänner 2023 haben Hausgrillen sowie Getreideschimmelkäferlarven EU-weit Lebensmittelstatus. Das heißt, sie dürfen als Lebensmittel in verschiedenen Varianten verwendet und verkauft werden: als Ganzes gefroren oder getrocknet und als Pulver. Hausgrillenpulver kann sich nun als Bestandteil in Brot, Keksen, Teigwaren, Suppen, Fleischersatzprodukten oder in Schokolade finden. Je nach Verwendung gibt es genau definierte Obergrenzen für die beigefügte Menge an Grillenpulver. Fleischersatzprodukte dürfen zum Beispiel max. 5 % Insektenpulver enthalten.

Buffalowurm, Wanderheuschrecke und die Mehlkäferlarve waren bereits vor den Hausgrillen als Lebensmittel zugelassen. Weitere acht Insektenarten warten aktuell auf die Freigabe.

Was macht die Hausgrille attraktiv?

Die Hausgrille, auch „Heimchen“ genannt, ist in Mitteleuropa weit verbreitet. Sie mag es warm und feucht, ist nachtaktiv und in Sachen Futter alles andere als wählerisch. Als Allesfresser ernährt sie sich sowohl von pflanzlicher als auch von tierischer Nahrung. Wird das Futter knapp, frisst sie sogar Textilien. All das macht ihre Züchtung einfach.

Warum überhaupt Insekten?

Allein in Österreich werden pro Kopf jährlich rund 59 kg Fleisch gegessen. Das sind mehr als 1,1 kg pro Person pro Woche. Laut Empfehlung des Gesundheitsministeriums sollten wir maximal ein Drittel davon zu uns nehmen. Der hohe Fleischkonsum schadet aber nicht nur unserem Körper, sondern auch der Umwelt. Denn bei der Produktion und Verarbeitung von Fleisch wird jede Menge Ressourcen verbraucht und ein hohes Maß an Treibhausgasen produziert. Aus diesem Grund und angesichts der zunehmenden Lebensmittelknappheit in ärmeren Ländern werden Alternativen für die Zukunft gesucht.

Einige Ernährungsexperten sehen Insekten als eine solche Alternative; auch die Welternährungsorganisation FAO lobt Insekten aufgrund ihres hohen Fett-, Eiweiß-, Vitamin- und Ballaststoffgehalts.
Hinzu kommt, dass Insekten nicht nur nahrhaft, sondern in der Produktion auch ressourcenschonend sind. Für ihre Zucht wird kaum Raum und nur wenig Wasser verbraucht. Und es werden kaum Treibhausgasemissionen verursacht.

Haben Sie gewusst, dass Hausgrillen zwölfmal weniger Futter brauchen als Rinder, um die gleiche Menge an Protein zu produzieren? Dieses Futter kann noch dazu aus Abfällen bestehen, die anderweitig nicht mehr verwertbar wären.

Es gibt allerdings auch Experten, die die Sinnhaftigkeit und Praktikabilität des Umstiegs auf Insekten als Proteinquelle in Frage stellen. Sie verweisen unter anderem auf Hülsenfrüchte als günstigere und unproblematischere, weil weniger polarisierende Eiweißquelle.

Insekten am Teller?

Nachdem sich die Expertenwelt uneinig ist, muss jeder für sich selbst entscheiden, ob Hausgrillen, Würmer, Heuschrecken und Käferlarven auf seinem Speiseplan stehen sollen. Die Lebensmittel-Kennzeichnungspflicht stellt sicher, dass wir diese Entscheidung auch wirklich treffen können. Enthält ein Lebensmittel Insekten, so muss nicht nur der Artenname auf der Zutatenliste angeführt sein, sondern auch die Form, in der sie beigemengt sind: als Ganzes am Stück oder zum Beispiel in Pulverform.

Wer zum Ergebnis kommt, auf keinen Fall Lebensmittel essen zu wollen, die Insekten enthalten, sollte hinkünftig auch darauf achten, ob sich die Bezeichnungen „E 120“ oder „E 904“ auf der Zutatenliste finden. „E 120“ steht für den aus ausgekochten und zerquetschten Scharlach-Schildläusen gewonnenen roten Farbstoff Karmin und ist seit 1959 für Lebensmittel zugelassen. Unter „E 904“ versteckt sich das Glanzmittel Schellack, ein von Schildläusen produziertes Harz. Es wird Lebensmitteln wie Schokolade oder Kaugummi hinzugefügt, um den Produkten Glanz zu verleihen und sie schöner aussehen zu lassen. Beide von Schildläusen gewonnenen Produkte sind seit vielen Jahren fixer Bestandteil unserer Lebensmittel. Und trotzdem ist wohl vielen Konsumenten nicht bewusst, warum ihre Nascherei gar so schön rot ist und glänzt.

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