Geschichte der Partnervermittlung
Immer mehr Paare lernen sich über Partneragenturen oder eine der zahlreichen Datingplattformen und -apps kennen, die wie Schwammerl aus dem Boden schießen. Auch viele der österreichweit rund 500.000 alleinstehenden Seniorinnen und Senioren nutzen professionelle Unterstützung, um rasch und unkompliziert neue Kontakte knüpfen zu können.
Während Angebot und Nachfrage boomen, gibt es nur wenig Paare, die offen dazu stehen, die Hilfe Dritter in Anspruch genommen zu haben, um sich zu finden.
Dieses Stigma ist so alt wie die professionelle Partnervermittlung selbst und hat seinen Ursprung wohl in deren nicht wirklich unrühmlicher Geschichte …
Gewiefte Kupplerinnen in der Antike
Bereits der antike römische Dichter Ovid beschrieb in seinem Werk „Ars Amatoria“, deutsch: „Die Liebeskunst“, die Tätigkeit einer Kupplerin. In seinen Versen gab er anschaulich wieder, wie eine Kupplerin ein junges, hübsches, aber armes Mädchen in die wichtigsten Grundregeln der Partnersuche einweiht.
Was heißt denn keusch? Daß man der List Des Versuchers noch nicht begegnet ist. […]
Die Schönheit ist dir wohl eine Last? Gebrauche sie doch, da du sie hast! […]
Sei giftiger Honig, einschmeichelnder Trug Und denke, betrügest doch nie genug. Raubt einem die Eifersucht den Verstand, So presse Geschenke ihm aus der Hand! Bald leih dir auf ewig Gelder bar,
Bald führe zum Kaufen ihn in den Bazar! Ja, das ist ein bewährtes Ding,
Nur mußt du es befolgen flink […].
www.kirke.hu-berlin.de/ovid/amores/kupplerin.html
Generell war die Kupplerin beliebtes literarisches Motiv der Zeit. Schenkt man den großen Dichtern Glauben, so waren die Kupplerinnen der griechisch-römischen Antike ältere, derbe, aber auch ausgesprochen redegewandte Frauen, die junge Mädchen und auch verwitwete Frauen zu überreden versuchten, „Unzucht“ zu treiben. Im Gegenzug wurde ihnen dafür vor allem finanzieller Gewinn in Aussicht gestellt. Man könnte die Kupplerinnen der damaligen Zeit also durchaus als Zuhälterinnen bezeichnen.
Aufgeklärte Heiratsagenturen
Erst im 19. Jahrhundert, dem Zeitalter der Aufklärung, erhielt der Begriff der Kuppelei eine neue Bedeutung. Die neue Sicht auf den Menschen und dessen individuelle Freiheiten veränderte nach und nach auch die Sicht auf Partnerschaften und deren Zustandekommen.
Nun wurden sogar eigene Agenturen gegründet, um bürgerlichen Heiratswilligen eine „gute Partie“ zu vermitteln. Mit ihrem zunehmenden kommerziellen Erfolg wuchs allerdings auch die Kritik an den modernen Kupplern. Wohl in vielen Fällen nicht zu Unrecht warf man ihnen vor, mit dem Aufschwung der bürgerlichen Klasse Geld zu machen, und zwar vor allem auf Kosten der Frauen. Frauen würden zur Ware degradiert. Es gehe nicht vorrangig darum, einen passenden Partner zu finden, sondern möglichst viel ihrer Mitgift zu kassieren.
Diese Kritik spiegelt sich auch in zahlreichen Karikaturen und Spottliedern wider, in denen die ausgefuchsten Kuppler und Kupplerinnen einerseits und die blauäugigen Heiratswilligen andererseits beliebte Motive waren.
Der schlechte Ruf der Agenturen änderte allerdings nichts am guten Geschäft, das mit der Suche nach der Liebe zu machen war. Er bewirkte nur, dass dieses Geschäft nicht im Licht der Öffentlichkeit, sondern hinter verschlossenen Türen ausgeübt wurde.
Diskretion war eine der wichtigsten Tugenden, über die eine Vermittlungsagentur verfügen musste. So war es auch üblich, alle Unterlagen nach erfolgreicher Vermittlung zu vernichten. Das hat zur Folge, dass es zwar eine lange, sehr erfolgreiche Geschichte der Heiratsagenturen gibt, aber kaum Zeugnisse von den zahlreichen Menschen, die deren Leistung in Anspruch genommen haben.
Eines der wenigen erhaltenen Register einer Heiratsagentur aus den Jahren 1842 bis 1847 gibt einen Einblick in die tägliche Arbeit einer Heiratsagentur. Es lässt darauf schließen, warum die Diskretion durchaus auch im Sinne der Betreiber gewesen sein dürfte.
Bei den Stammdatenblättern der Männer fällt auf, dass jedes mit einer anderen Handschrift ausgefüllt wurde. Das heißt, die Männer haben ihre Daten selbst eingetragen.
Ganz anders die Stammdatenblätter der Frauen: Auf diesen fehlen Informationen, wie etwa Adresse oder Name, dafür ist allerdings auf jedem Blatt der Name jener Person angeführt, die den Namen der Frau an die Agentur verkauft hatte: Amme, Hausmädchen, Notar, Nachbar usw. Man kann davon ausgehen, dass mehr als die Hälfte der angeführten Frauen nicht einmal gewusst hat, dass zu ihr ein Stammdatenblatt existierte.
Jahrhundert – die Technik macht’s möglich!
Nach dem 2. Weltkrieg brach noch einmal ein regelrechter Boom in Sachen Partneragenturen aus. Anders als ihre Vorgänger legten die Agenturen nun deutlich mehr Wert auf die Qualität und Seriosität. Die Fragebögen wurden immer genauer, und man versuchte, durch Einsatz von Psychologie, Grafologie oder auch Astrologie für jeden Topf den passenden Deckel zu finden.
Den größten Einschnitt in der Entwicklung der Partnervermittlung brachte der Siegeszug der IT in den 1960ern. Die neue Elektronik wurde nun erfolgreich eingesetzt, um die optimal zueinander passenden Singles zusammenzubringen.
1995 startete die erste Partnerbörse im Internet – der Vorreiter von Tinder & Co.
Macht Gelegenheit Liebe?
Nun, das mag in einigen Fällen zutreffen, es erhöht allerdings die Erfolgschancen doch beträchtlich, wenn man nicht alles dem Zufall überlässt.
Sich gezielt auf die Suche nach einer neuen Liebe zu machen und dabei auch professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen, ist keine Schande, sondern etwas, das Singles schon seit vielen Jahrhunderten erfolgreich praktizieren …
Achtung, Falle!
Auf kostenfreien Plattformen ohne Seriositätskontrolle sind auch zahlreiche Betrüger unterwegs. Mit gefälschten Profilen, sogenannten „Romance Scamming“, werden potenzielle Opfer angelockt. Anschließend wird Verliebtheit vorgegaukelt, um finanzielle Zuwendungen zu erhalten.
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