Die virtuelle Ewigkeit
In den letzten zwei Jahrzehnten haben sich durch die zunehmende Digitalisierung all unsere Lebensbereiche verändert. Auch das Sterben ist davon nicht ausgenommen, genauer gesagt Bestattungen und Trauerarbeit.
Die Planung des letzten Weges
Vieles an Amtswegen und Formalitäten lässt sich für die Hinterbliebenen mittlerweile im Internet erledigen. Organisation und Planung können so erleichtert oder sogar komplett abgegeben werden.
Es ist heutzutage sogar möglich, eine ganze Bestattung „remote“ zu planen. Genaue Informationen bieten Websites von Bestattungsunternehmen. Von der Auswahl des Trauerredners bis hin zum Leichenschmaus können so gut wie alle Aufgaben von den Online-Bestattungsdiensten übernommen werden.
Digitale Trauerfeier
Es kann nicht nur digital geplant werden, Trauerfeiern können auch komplett online abgehalten werden. Bei großen Entfernungen, Reisebeschränkungen oder persönlichen Hindernissen kann dies eine Möglichkeit sein, trotz Distanz würdevoll Abschied zu nehmen. Per Videokonferenz können Live-Musik und personalisierte Trauerreden geteilt werden. Bei entsprechender Vereinbarung mit dem Bestatter kann sogar die Beisetzung via Livestream in die ganze Welt übertragen werden. Besonders in den Zeiten von Covid-19 hat diese Möglichkeit Anklang gefunden.
Im besten Fall lässt man sich hier von dem Bestatter beraten und sucht sich aus, in welchem Maße die Trauerfeier Online geteilt werden soll.
Virtuelle Friedhöfe
Eine andere digitale Neuerung sind sogenannte „virtuelle Friedhöfe“, auf denen Hinterbliebene online Gedenkseiten erstellen können. Auf einer Internetseite werden Erinnerungen und Trauerbekundungen geteilt. Hier können Familie und Freunde, je nach Anbieter aber auch Fremde ihr Beileid bekunden und virtuelle Gedenkkerzen und Botschaften hinterlassen.
Die Online-Friedhöfe sind unabhängig von den Bestattungsunternehmen. Basis-Packages sind im Regelfall gratis, Premium-Versionen kostenpflichtig. Für die Wahl des optimalen digitalen Friedhofes kann man sich im Internet die jeweiligen Rezensionen ansehen, die auch die Seriosität des Anbieters bestätigen sollten.
Auf der persönlichen Online-Grab-Seite können Videos, Bilder und Texte geteilt werden, die an die verstorbene Person erinnern. Bei einigen Online-Friedhöfen kann man auch einen Familienstammbaum anlegen. Zusätzlich bieten diese Seiten häufig auch Materialien mit Ratschlägen zur Trauerbewältigung an. Manche Portale bieten sogar die Möglichkeit, virtuelle Grabblumen zu bestellen oder über Verlinkungen zu entsprechenden Anbietern per Boten reale Blumengrüße verschicken zu lassen.
In Wien bekommt jedes Grab auf einem der Wiener Friedhöfe kostenlos und automatisch ein „digitales Grab“. Als berechtigte Person kann man damit online die Grabstelle administrieren und einen digitalen Gedenkraum einrichten.
Ein Ort, der immer bleibt
Wieso aber begeben sich immer mehr Trauernde in die Sphären des Internets? Warum verlagern sie ihre Trauerarbeit und ihr Gedenken ins World Wide Web? Ein möglicher Grund liegt wohl in den mittlerweile zahlreichen Bestattungsmöglichkeiten, von denen die Beisetzung im Grab am nächsten Friedhof nur noch eine von vielen möglichen Varianten darstellt.
Durch Bestattungen in anderen Ländern, das Verstreuen der Asche oder etwa auch die Beisetzung in einem weit entfernten Wald, bleibt Hinterbliebenen oft nur das Internet als Konstante, als Ort, an dem sie ihrer Trauer nachgehen und ihr Ausdruck verleihen können. Hier trennt einen nur ein Mausklick vom geliebten Menschen.
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